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Prominente Vertreter der Diemer-Familie
Alle in Deutschland, in Österreich (ca. 40) und im nördlichen Elsass vorkommenden Diemer und ihre luxemburgischen „Vettern“, die Dimmer, deren richtiger Nachname (Diemer) vor 180 Jahren orthographisch verändert wurde, würden zusammengenommen gerade mal reichen, um ein Städtchen wie Vianden (beispielsweise nach einer Pestepidemie) wieder zu bevölkern.
Eine der Ursachen für die relative Seltenheit des Nachnamens Diemer dürfte sein, dass derselbe aus einem altgermanischen Rufnamen (Thiotmàr) entstanden ist, der, mit der Verbreitung des Christentums, möglichst aus Kirchenbüchern zu verschwinden hatte. Dessen Herkunft war – abgesehen vom überschaubaren Bildungsstand vieler Pfarrer – wohl ein Grund für die in vielen Fällen wohl absichtliche Verballhornung des „heidnischen“ Nachnamens.
Es scheint dem Schreiber wahrscheinlich, dass nahezu alle Mitglieder der Diemer-Familie (inklusive der Diemar) mehr oder weniger weitläufig miteinander verwandt sind, zumal das Epizentrum ihres Vorkommens – Mittelrhein-Gebiet mit, linksrheinisch, der Pfalz und dem nördlichen Elsass, rechtsrheinisch dem Main- und Neckar-Gebiet – in einer geographisch relativ eng begrenzten Region liegt.
Umso erstaunlicher daher, dass diese zahlenmäßig kleine Familie im Laufe von Jahrhunderten so viele bedeutende Persönlichkeiten auf wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, militärischer, wissenschaftlicher, architektonischer und künstlerischer Ebene hervorgebracht hat. Zu den Vertretern der Diemer-Familie, deren Name in Enzyklopädien Erwähnung findet, zählen aber auch Pioniere der Luftfahrt und, außer Komturen des Deutschen Ordens, prominente Kleriker sowie, wohl des Ausgleichs halber, auch der eine oder andere Freimaurer.
Manche traten gar in doppelter Rolle in Erscheinung, so wie beispielsweise die Amorbacher Diemer,
wohlhabende Rotgerber,
die in der Barockstadt im Odenwald (Miltenberg-Kreis) mit Diemer, Eberhardus 1650, 1660 und 1666 den Bürgermeister stellten. Dieser Eberhardus war zudem Ratsherr in den Jahren 1663, 1665, 1669 und 1671. Sein ältester Sohn, Johann Adam, geb. 09.02.1642, gest. 07.06. 1709, war ebenfalls ein vermögender Rotgerber und Bürger von Amorbach.
Laut www.porzellanlexikon.de hat es im 19. / 20. Jahrhundert in Elgersburg, einem Städtchen im Thüringer Ilm-Kreis eine Pozellanfabrik Diemar (Diemer) gegeben. – Interessant wiederum die beiden Varianten Diemar und Diemer für denselben Nachnamen der Fabrikinhaber.
Aber auch in Zusammenhang mit der Fertigung von Altären, anderem Kirchenmobiliar und Heiligenstatuen taucht der Name Diemer auf. So hat z. B. ein Johann Diemer aus Haßfurt in der Pfarrkirche St. Bartholomäus zu Greßthal, in der Diözese Würzburg, gemeinsam mit Matthäus Mayer 1761 die barocken Altäre und die Kanzel erstellt. Auch die Statue des Hl. Bartholomäus stammt aus der Werkstatt von Johann Diemer. Dieselbe wird heute im Museum der Pfarrei Greßthal aufbewahrt. Außerdem soll die Kreuzigungsgruppe in der Wallfahrtskirche „Maria von der Tann“ in Rütschenhausen, Landkreis Schweinfurt, ein Werk Johann Diemers sein.
Freiherr Caspar Otto V. von Diemer war eher an profanen Dingen interessiert: 1707 ließ er in Steinbach (heute einer der Ortsteile von Bad Bocklet) das Neue Schloss, den ehemaligen Sitz der fürstbischöflichen Forstmeister, erbauen.
Als intellektuell hervorragender Diemer-Vertreter wäre u. a der Advokat Dr. jur. Johann Diemer zu erwähnen. Derselbe war Ratsherr in Regensburg, kurpfälzischer u. kurkölnischer Rat. Seine Tochter Benigna hatte 1594 den später (1608) geadelten Arzt-Alchemiker Ruland(t) Martin den Jüngeren (* 11.11.1569 Lauingen, + 23.04.1611 Prag), geheiratet.
Als weiterer bedeutender, der Diemer-Familie entstammender Jurist sei der am 12. August 1774 in Milkel (heute Radibor) geborene und am 26. Juli 1855 in Rostock verstorbene Heinrich August Christian Ludwig Diemer genannt. „Wikipedia“ würdigt ihn als „deutschen Rechtsgelehrten“. Hier eine Kurzfassung seiner Biographie: Besuch der Kreuzschule in Dresden. 1793: Immatrikulierung an der Universität Wittenberg. 1796: Erwerb des akademischen Grads eines Magisters. 1797: Aufnahme eines Studiums der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig. Er wurde Advokat in Dresden und dann in Leipzig. August Ludwig Diemer promovierte am 16. Dezember 1802 zum Doktor der Rechtswissenschaften und erlangte 1806 eine außerordentliche Professur an der juristischen Fakultät. Nachdem er 1808 Konsistorialassessor war, folgte er 1819 einem Ruf an die Universität Rostock als ordentlicher Professor und wurde damit mecklenburgisch-schwerinscher Konsistorialrat. In dieser Funktion wirkte er bis an sein Lebensende. Er hat mehrere in lateinischer Sprache verfasste Werke hinterlassen.
Diemer war Mitglied der Leipziger Freimaurerloge „Apollo“, wo er 1807 zum Meister vom Stuhl ernannt wurde. Als solcher führte er vier Jahre den Hammer. Bruder Diemer vermittelte für die Bücherei der Loge den Ankauf der Fesslerschen Bibliothek. Am 19. April 1819 wurde er zum Ehrenmitglied von „Apollo“ ernannt. – Erstaunlich, nicht wahr, wenn man bedenkt, dass er nach 1797, als „ordentliches Mitglied des Oberlausitz-Wendischen Predigercollegiums“ (bereits?) die Vorzüge des freien Denkens erkannt haben könnte.

Ein fürstbischöflicher „Leib=Medicus“
Auf der offiziellen Internet-Seite der Stadt Bruchsal wurde am 26.01.2011 angekündigt: „Städtisches Museum zeigt bis Ende April 2011 seltene Exponate im Fürstensaal des Barockschlosses Bruchsal / Erinnerungen an Fürstbischöfe und ‚Leib=Medicus’ / Bruchsal (pa): ... In einer zweiten Sondervitrine wird an Johann Stephan Nepomuk Diemer und seine Familie erinnert, die im 19. Jahrhundert auch zu Mitgliedern des Hauses Baden persönliche Beziehungen unterhielten. Diemer wurde vor 250 Jahren, im Januar 1761, in Bieringen an der Jagst geboren. Am Bruchsaler Hof des Fürstbischofs August von Limburg-Stirum machte er seit seinem 30. Lebensjahr rasch Karriere: Patente des geistlichen Landesherren bestellten ihn zunächst zum ‚Stadt=Physicus’ von Bruchsal, bald darauf dann zum Hofrath und zum ‚Leib=Medicus’ des Bischofs ...
Wertvollstes Stück der Präsentation im Fürstensaal ist – neben den Ernennungsurkunden – ein winziges ovales Miniaturbildnis des Arztes, das ihn in grüner Hofratstracht und mit gepuderter Zopfperücke zeigt. Das Städtische Museum erhielt es vor 50 Jahren, zusammen mit weiteren wertvollen Stücken, aus dem Familienbesitz von den Nachfahren Dr. Diemers.“
Auch etliche bedeutende Seelen-Doktoren, Kleriker genannt, sind, abgesehen von den bereits in einem anderen Beitrag erwähnten Komturen des Deutschen Ordens, aus der Diemer-Familie hervorgegangen. In „Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon“ beispielsweise erwähnt Peter Murmann den „DIEMER, Johann Caspar, * 1645 in Eltville im Rheingau, + 1693. 1670 erscheint er in seiner Eigenschaft als Vikar am Mariengredenstift in Mainz als Pfarrer in Dieburg ... 1679 berief ihn das Mainzer Domkapitel zum Dompfarrer“, ein Amt, das Diemer erst annahm, als das Domkapitel ihm weitgehend Dispens vom Chordienst erteilte und auch bessere Besoldung versprach. 1690 wird er Doktor der Theologie. Er soll ein begnadeter Prediger gewesen sein, und so hielt er denn auch 1690 die Leichenpredigt für Herzog Karl von Lothringen. Er selbst starb drei Jahre später, 1693, in Mainz.
Zu seinen großen Söhnen zählt das Städtchen Rodenbach (gehört jetzt zu Ebertsheim, Landkreis Bad Dürkheim in der Pfalz) den dort am 6. Mai 1923 geborenen Erwin Ludwig Diemer. Er war ein katholischer Geistlicher. 1951 zum Priester geweiht, wurde er 1968 zum Generalvikar der Diözese Speyer und 1990 zum Päpstlichen Ehrenprälat ernannt. Am 30. Januar 1990 starb er in Speyer, wo er auch beerdigt wurde.
Einer der besten Diemer-Köpfe aber dürfte der am 16. April 1920 in Eisenberg (Donnersbergkreis in der nördlichen Pfalz) gewesen sein. Er machte sich als Philosoph, Phänomenologe, Wissenschaftstheoretiker und Wissenschaftsmanager international einen Namen. Alwin Diemer starb am 25. Dezember 1986 in Düsseldorf.

Ein Maler, ein Testpilot, ein Segelflugpionier und ein Torpedoflieger
Das bedeutendste und wohl auch bekannteste Werk des Malers Michael Zeno Diemer (* 8. Februar 1867, München; 28. Februar 1939, Oberammergau) dürfte das Riesenrundgemälde der Schlacht am Bergisel sein, in der Andreas Hofer die Tiroler zum Sieg über Napoleons Truppen und ihre bayerischen Verbündeten führte. Das Gemälde kann im „Tirol Panorama“ in Innsbruck, besichtigt werden.
Vor allem aber hat Diemer Landschafts- und Marinebilder gemalt.
Sein Sohn Franz Zeno (1889-1954) war ein bekannter deutscher Pilot. Trotz seiner Ausbildung zum Bauingenieur, war er bereits 1912 ins Königlich Bayerische Infanterie-Leib-Regiment eingetreten. Doch bald schon zog es ihn zur Fliegertruppe, der er als Oberleutnant eines Bombergeschwaders angehörte.
Während des Ersten Weltkriegs arbeitete er aber auch als Testpilot für BMW, wo er Versuche mit Flugmotoren unternahm. Am 17. Juni 1919 stellte Franz Zeno Diemer, dank dem mit einem Höhenvergaser ausgerüsteten Flugmotor BMW IV einen neuen Höhenweltrekord (9760 Meter) für Motorflugzeuge auf. Derselbe wurde international jedoch nicht anerkannt, weil Deutschland nicht Mitglied der FAI war.
Von BMW ging Diemer als Testpilot und Einflieger nach Friedrichshafen zu Dornier. Im Zweiten Weltkriegs diente er bis Ende 1944 in der Luftwaffe. AnschlieĂźend kehrte er zu Dornier zurĂĽck.
In Ebingen, heute zu Albstadt gehörend, trug vor dem Zweiten Weltkrieg ein anderer Diemer zur Entwicklung der Segelfliegerei bei: Rudolf Diemer, Sohn des Architekten Egon Diemer (1884-1962) aus Zuffenhausen. Die Segelflieger von der Schwäbischen Alb starteten damals mit ihren Hanggleitern oberhalb der Degerfeld-Mulde. 1935 hatte Rudolf Diemer die Idee, eine Motorwinde anzuschaffen, die Ausklinkhöhen von bis zu 200 Metern und somit den Einstieg in den thermischen Flug ermöglichte. Am 26. August 2011 stand im „ZOLLERN-ALB-KURIER“, unter dem Titel „Vom ersten Hüpfer an – Die Geschichte des Flugplatzes auf dem Degerfeld / Albstadt-Ebingen“ zu lesen: „ ... Nach dem Krieg sammelten sich die Flugpioniere um Anton Riediger und Rudolf Diemer. In Ebingen wurde mit dem Bau eines einsitzigen Seglers Grunau Baby III begonnen. Die Maschine mit dem Kennzeichen D-9001 war das erste selbstgebaute Segelflugzeug in der Bundesrepublik Deutschland.“
In einem Nachruf auf Rudolfs jüngeren Bruder, Bodo Diemer, schrieb Martin Kistner am 26.11.2010 in der Internet-Ausgabe des „Schwarzwälder-Bote“: „ ... 1939 begann der Krieg. Der junge Bodo Diemer meldete sich freiwillig zu den Waffen, wobei seine Begeisterung fürs Fliegen sicher keine ganz unwichtige Rolle spielte. Von der Schule kam er zur Luftwaffe; seinen ersten Feindeinsatz als Torpedoflieger erlebte er im Frühjahr 1944. 17 weitere sollten folgen – eine unfassbar hohe Zahl, denn jeder Torpedoflug war ein Himmelfahrtskommando; von den 44 Flugzeugen aus Diemers Staffel wurden bis zu Kriegsende 41 abgeschossen. Diemer überlebte, aber die quälenden Erinnerungen an den sinnlosen Tod der Kameraden sollten ihn nie wieder loslassen ... Nach dem Krieg studierte (er) Betriebswirtschaft in Mannheim und übernahm schließlich den Maschinenbaubetrieb, den Egon Diemer ... aufgebaut hatte – die Textilfirma führte sein Bruder Rudolf weiter ... (Er) ging auf die 90 zu, als das Buch erschien, das er ein halbes Jahrhundert mit sich herumgetragen hatte.“
Dasselbe wurde wenige Tage vor Bodo Diemers Tod in der von seinem Vater erbauten Villa Haux in Ebingen vorgestellt. Es trägt den Titel: „Überlebenschance gleich Null“. Darin wird berichtet vom Kampf junger Torpedoflieger. Und vor allem von der Sinnlosigkeit ihres Sterbens, einem Schicksal, dem Bodo Diemer nur sehr, sehr knapp entgangen war.
Albert Dimmer
Email:
dial(at)pt.lu

1. Die aus der Werkstatt des Haßfurter Bildhauers Johann Diemer stammende Statue des Hl. Bartholomäus (2. Hälfte des 18. Jahrhunderts) wird heute im Museum der Pfarrei Greßthal aufbewahrt / Photo:"Wikipedia"

2.Vignette der Freimaurer-Loge "Apollo", Leipzig / Photo: "Wikipedia"

3. Miniaturbild von Dr. Johann Nepomuk Stephan Diemer / Photo:
Städtisches Museum, Bruchsal


 

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