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Die britischen Dimmer

Obwohl des Autors frühe Vorfahren aller Wahrscheinlichkeit nach Franken waren, die’s in die Südeifel verschlagen hatte, und die bis vor 180 Jahren noch Diemer (statt von da ab Dimmer) hießen, ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass Angehörige „beider“ (?) Familien entfernte Verwandte sind. – So kommt der Nachname Dimmer/Diemer beispielsweise bereits im 17. Jahrhundert in Wallerfangen bei Saarlouis vor. In „Saarländische Biografien“ etwa wird eine Anna Elisabeth Dimmer (um 1657 - 1739) aus Wallerfangen erwähnt, welche verheiratet war mit Jean de Lasalle (1649 - 1727). Der älteste Sohn, Laurent de Lasalle, geboren am 14. März 1683, gestorben 1771 („Alter 88 Jahre“), soll, laut der Internetplattform „GeneaNet“ den Titel „Seigneur de Vaudrevange“ (Wallerfangen/Saarland) getragen haben und „Garde des Sceaux du bailliage de Saarlouis“ gewesen sein. Ein weiterer Sohn, George Théodore de Lasalle, geboren am 11. Oktober 1689 in Saarlouis und dort verstorben am 19. Mai 1765, war Magazinverwalter der Festung. Von ihm wird berichtet, er habe Ländereien mit Herrschaftsrechten u. a. in Bettingen und Limbach gekauft. 1737 ließ er das Stadthaus der de Lasalle in Saarlouis erbauen sowie 1740/1741 einen Landsitz in Niederlimberg. Von 1743 - 1753 war er Pächter der Dillinger Hütte.
Ob jene Familie Dimmer, deren Tochter Anna Elisabeth den Franzosen Jean de Lasalle heiratete, aus den Saarland stammte, vermochte der Schreiber nicht zu klären. Fest steht jedoch, dass der Nachname Dimmer für jene Zeit dort kaum nachweisbar ist.

Von der Normandie nach England?
Glaubt man angelsächsischen Quellen, kamen die ersten englischen Dimmer aus ... Frankreich, d.h., aus Dinan, in der Normandie. Ihre Vorfahren sollen abstammen vom Baron Foulke de Dinan. Nach der Eroberung Englands durch die Normannen, 1066, seien einem Spross der Familie, Alain Dinan, von Wilhelm dem Eroberer Ländereien in Northumberland anvertraut worden. Dort sollen die Vorfahren der Dimmer als „companions in arms“ den „Lords of Mitford and Bothal“ gedient haben. Aus dem Nachnamen Dinan (im Englischen „Dinen“ ausgesprochen) ist, nach weiteren orthographischen Mutationen wie Diman, Dimar(s), dann letztlich auch der Nachname Dimmer hervorgegangen. – In dem Beitrag „Von Diemer zu Dimmer“ wurde übrigens bereits erwähnt, dass der erste in England urkundlich erwähnte „Dimmer“ Robert Dimars, im „Berkshire Book of Fees“ (1220), gewesen ist.
Im Vereinigten Königreich (UK) wird die Gesamtzahl der Dimmer-Nachkommen heute auf 300 - 400 geschätzt. Dieselben leben vorwiegend in England; in ganz Schottland gibt es ca. ein Dutzend Exemplare, und in Irland und Wales sind sie offensichtlich ausgestorben. Am häufigsten kommt der Nachname Dimmer in der Grafschaft Hampshire (27), in Südengland, vor.
Auf der Suche nach zeitgenössischen englischen Namensvettern ist der Schreiber u. a. auf die Dimmer von Castle Cary in der Grafschaft Somerset gestoßen. Sie besitzen dort alte Hofanlagen, die unter den Bezeichnungen „Dimmer Farmhouse, Castle Cary“ und „Dimmer Barn, Castle Cary“ zu den „British Listed Buildings“ gehörten/gehören. Nicht weit davon entfernt befindet sich die so genannte „Higher Dimmer-Farm“, die sich auf die Bullenzucht spezialisiert hat. Beide Gehöfte liegen etwas außerhalb von Castle Cary, am, nach der Familie benannten, „Dimmer-Lane“.
Der bekannteste Vertreter der britischen Dimmer aber ist zweifelsohne der am 9. Oktober 1883 im Londoner Stadtteil Lambeth geborene und in Wimbledon aufgewachsene Lieutenant Colonel

John Henry Stephen Dimmer,
genannt „Jack“ Dimmer, dessen Vater John Dimmer bereits in der „Royal Navy“ gedient hatte. Er gehörte nämlich zu den seltenen Trägern des 1856 von Königin Victoria eingeführten „Victoria Cross“ (VC), welches weltweit nur 355 Mal verliehen wurde, als höchste militärische Auszeichnung im „British Empire“. Und zwar hatte er sich diesen Orden gleich am Anfang des Zweiten Weltkriegs, am 12. November 1914 bei Klein Zillebeke, in Flandern, verdient. Unter seinem Namen ist bei „Wikipedia“ nachzulesen: „This Officer served his machine gun during the attack on the 12 November at Klein Zillebeke until he had been shot five times – three times by shrapnel and twice by bullets, and continued at his post until his gun was destroyed.“ Als Quelle wird „The London Gazette“ vom 19. November 1914 angegeben.
Nach seiner Genesung wurde JHS Dimmer in England als Vorzeige-Kriegsheld gefeiert, in der feinen Londoner Gesellschaft herumgereicht und wohl auch irgendwie missbraucht, um u. a. die Kampfmoral englischer Schüler und zukünftiger Rekruten zu festigen, - schließlich war er ausgezeichnet worden wegen außergewöhnlicher Tapferkeit vor dem Feind.
Dimmer aber gefiel diese Rolle nicht. Er kehrte zurück an die Front und hätte das Gemetzel an der Somme auch fast überlebt, wäre es nicht im Frühjahr 1918 zu einer der letzten massiven deutschen Offensiven mit mörderischem Artillerie-Beschuss gekommen. Doch nicht von Granatsplittern wurde er getötet, sondern durch einen Kopfschuss, abgegeben von einem deutschen Scharfschützen, am 21. März 1918 bei Marteville (Aisne), ca. 10 Kilometer westlich von St. Quentin.

Dimmer liegt auf dem „Vadencourt British Cemetery“ bei Maissemy (Aisne) begraben, nur wenige Kilometer von der Stelle entfernt, wo er 1918 gefallen ist.
Der Schreiber hat den erwähnten britischen Militärfriedhof am 1. September 2013 aufgesucht und selbstverständlich auch das Grab des berühmten Namensvetters, von dem er allerdings nicht weiß, ob er auch nur entfernt mit demselben verwandt ist. Zwar gibt es Indizien, die dies als nicht völlig unmöglich erscheinen lassen - so hatten z. B. die normannischen Barone de Dinan, von denen die englischen Dimmer abstammen sollen, laut „Ancient Ancestors“ (pages 220-9), Vorfahren im Saarland und in der Pfalz (Herkunfts-Region „vieler“ Diemer) - , aber ob solch vage Hinweise nicht doch zu schwach sind, um zu schlussfolgern auf eine Blutsverwandtschaft aller Mitglieder dieser europaweit zahlenmäßig sehr kleinen Familien? - Nur eine Rückverfolgung der eigenen Y-Chromosome könnte klären, ob die Diemar-, Diemer- und die Dimmer-Sippen „in illo tempore“ dieselben männlichen Vorfahren hatten. Näher kommen sich die Dimmer-, Diemer-Familien da schon in den Niederlanden und vor allem an der holländischen Grenze zu Niedersachsen. In einem weiteren Beitrag wird davon die Rede sein.
Doch kehren wir zurück zum Soldatenfriedhof von Vadancourt (die Engländer schreiben Vadencourt), bei Maissemy. Derselbe ist nicht besonders groß - ca. 200 britische Gefallene aus dem Ersten Weltkrieg dürften dort beigesetzt worden sein - und wird, wie alle britischen Militärfriedhöfe, überragt von einem Kreuz mit einem Schwert, dessen Spitze nach unten zeigt. Meist junge Kerle von achtzehn, zwanzig Jahren, liegen hier begraben, fast alle gewöhnliche Soldaten, die den Offizier „Jack“ Dimmer offenbar nicht nur bewundert, sondern auch sehr gemocht hatten. Vor einigen Grabsteinen stehen Photos junger, hoffnungsvoller Gesichter, von fast noch Jugendlichen, die in einem der vielen sinnlosen Kriege, in der Blüte ihres Lebens, abgeschlachtet wurden.
Mitten unter ihnen, in Block 11, Reihe B, Grab 46, liegt „LIEUTENANT COLONEL J.H.C.
DIMMER. VC. MC.“ (ausgezeichnet mit dem „Victoria Cross“ und dem „Military Cross“). In seinen Grabstein ist kein Kreuz eingraviert - Dimmer war Freimaurer und wurde nach seinem Tod von seinen Logenbrüdern als „masonic hero“ vereinnahmt - , sondern lediglich das Abzeichen seiner Einheit „THE KING’S ROYAL RIFLE CORPS“ mit deren Devise „AUDAX ET CELER“, sein Todesdatum und sein Alter (35). Darunter ebenfalls eingemeißelt ist das „Victoria Cross“ mit der Inschrift „FOR VALOUR“.
Zuunterst auf jedem Grabstein liest man Sprüche, in denen meist das Bedauern des frühen Todes der jugendlichen Gefallenen zum Ausdruck gebracht wird. Auf demjenigen von John Henry Stephen Dimmer hingegen steht: „FOR KING AND COUNTRY HE GAVE GLADLY“.
Was anderes konnte man wohl auch nicht auf den Grabstein eines englischen Kriegshelden schreiben. – Sein „Victoria Cross“ ist übrigens im „Royal Green Jackets Museum“ in Winchester, England, ausgestellt. Es war ihm am 13. Januar 1915 von König George V. im Buckingham-Palast verliehen worden.




Albert Dimmer
Email:
dial(at)pt.lu
Photos: A.D.

Photos:
1. Eingang zum „Vadencourt British Cemetery“ bei Maissemy.
2. Die Grabsteine der 1914 – 1918 gefallenen Soldaten werden, wie auf jedem britischen Militärfriedhof von einem Kreuz mit einem Schwert überragt.
3. Der Grabstein von Lieutenant Colonel J.H.S. Dimmer mit dem Abzeichen seiner Einheit und dem „Victoria Cross“

 

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